Die Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie initiiert die Ausbildung von Fachkräften, damit sie Pflegefamilien nach dem Beratungsansatz „Attachment and Biobehavioral Catch-up“ (ABC) unterstützen können. Der Ansatz fördert positive Bindungsstrukturen in Pflegefamilien. Ziel ist es, das ABC-Programm langfristig im deutschsprachigen Raum zu etablieren.
Pflegekinder sind eine besonders vulnerable Gruppe, da sie die Trennung von ihrer Herkunftsfamilie bewältigen müssen und viele von ihnen unzureichende Fürsorge (Vernachlässigung, Misshandlung) erfahren haben. Pflegefamilien bieten diesen Kindern die Chance, neue positive Beziehungserfahrungen zu machen, ein Gefühl von emotionaler Sicherheit zu entwickeln und einen sicheren, zuverlässigen Lebensort zu erfahren.
Die Herausforderungen vor denen Pflegeeltern stehen, wenn sie ein Kind aufnehmen, sind allerdings vielfältig und komplex. Sie müssen zum Beispiel das Pflegekind bei der Verarbeitung von Trennung und Bindungsproblemen helfen, es in die Familie integrieren und die Integration in die soziale Umgebung fördern.
In der Beratung und Begleitung von Pflegefamilien hat sich gezeigt, dass vor allem Beratungsansätze, die eine positive Bindungsentwicklung fördern, die Familien im Aufbau sicherer Bindungsbeziehungen unterstützen können.
Das Beratungsangebot „Attachment and Biobehavioral Catch-up“ (ABC) der amerikanischen Bindungsforscherin Mary Dozier gilt in den USA als der am besten erprobte bindungsbasierte Ansatz für Familien mit Pflegekindern im Alter von sechs bis 24 Monaten. Die positive Wirkung der Beratung zeigte sich in vielfältigen Bereichen, vor allem in der kindlichen Fähigkeit zum Aufbau positiver Bindungsbeziehungen. Darüber hinaus wirkte es sich positiv auf die Feinfühligkeit der Pflegeeltern im Umgang mit dem Pflegekind aus. Eine erste Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) in Deutschland bestätigte diese Ergebnisse.
„Angesichts der guten Resultate möchten wir den ABC-Ansatz gern im deutschsprachigen Raum langfristig begleiten“, sagt Dr. Aslak Petersen, Vorstandsmitglied der Karl Kübel Stiftung. Im Zuge des dreijährigen Projekts werden im Odenwald-Institut der Stiftung Fachkräfte zu ABC-Berater*innen ausgebildet, damit sie Pflegefamilien entsprechend beraten und begleiten können. „Das ABC-Projekt ist eine ideale Ergänzung unserer Angebote im Bereich Frühe Hilfen und zahlt unmittelbar auf unser Stiftungsziel ein: Eltern zu unterstützen, damit sie ihre Kinder liebevoll umsorgen und fördern können“, so Petersen.
Das Konzept dieses innovativen Projekts hat auch die Dietmar Hopp Stiftung und die N&B Stiftung überzeugt. Sie fördern es finanziell, wissenschaftlich begleitet wird es vom DJI. „Ziel ist es, die Umsetzung der Beratung in Regelstrukturen zu untersuchen und die Wirksamkeit der Beratung zu überprüfen“, sagt Dr. Ina Bovenschen vom DJI.
Angesichts des Mangels an Pflegefamilien in Deutschland – Schätzungen des Bundesverbandes der Adoptiv- und Pflegefamilien zufolge fehlen jährlich 4.000 Pflegefamilien – sind gute Beratungsangebote wichtig und notwendig. „Da gibt es momentan leider eine Versorgungslücke“, so Bovenschen. Umso erfreulicher sei es, dass die Karl Kübel Stiftung mit der Implementierung des ABC-Beratungsansatzes im deutschsprachigen Raum entgegenwirken wolle. Denn je besser Pflegefamilien unterstützt würden, desto größer sei die Chance, dass mehr Familien diese besondere Aufgabe übernehmen: einem Kind ein Umfeld zu bieten, in dem das Kind negative Vorerfahrungen verarbeiten kann und lernt, neue, vertrauensvolle Bindungen einzugehen.
Quelle: Pressemitteilung der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie vom 19.04.2024