Die Jugendämter in Berlin und Brandenburg führten im Jahr 2022 bei 28 056 Kindern und Jugendlichen ein Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung durch. Davon waren 20 678 Berliner und 7 378 Brandenburger Kinder und Jugendliche betroffen, teilt das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg mit. Das waren in Berlin 46 Verfahren bzw. 0,2 Prozent mehr und in Brandenburg 105 Verfahren bzw. 1,4 Prozent weniger als 2021.

In Berlin waren 21 Prozent der Betroffenen akut gefährdet. Eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls war bereits eingetreten oder mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten. In 24 Prozent der Fälle lag eine latente Kindeswohlgefährdung vor. Dabei konnte die Frage nach der gegenwärtig tatsächlich bestehenden Gefahr nicht eindeutig beantwortet werden, aber es bestand weiterhin der Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung bzw. eine solche konnte nicht ausgeschlossen werden. In 55 Prozent der Fälle wurde keine Gefährdung ermittelt, bei fast der Hälfte dieser Fälle bestand jedoch Unterstützungsbedarf.

Bei 21 Prozent der betroffenen Brandenburger Kinder und Jugendlichen lag eine akute und bei 14 Prozent eine latente Gefährdung vor. In 33 Prozent der Fälle wurde zwar keine Gefährdung ermittelt, aber es bestand Hilfebedarf und in 32 Prozent der Fälle wurden weder Kindeswohlgefährdung noch Hilfebedarf festgestellt.

Vernachlässigung ist häufigste Form der Kindeswohlgefährdung

6 422 Fälle (58 Prozent) der akuten bzw. latenten Kindeswohlgefährdungen in Berlin betrafen Vernachlässigung, 2 562 (23 Prozent) psychische und 1 746 (16 Prozent) körperliche Misshandlungen. In 422 Fällen (4 Prozent) wurden Verfahren wegen sexueller Gewalt eingeleitet. Ein Fall kann mehrere Arten der Gefährdung umfassen.

In über der Hälfte (1 762) der Brandenburger Fälle mit akuter oder latenter Kindeswohlgefährdung wurden die Betroffenen vernachlässigt. Anzeichen für psychische Misshandlungen gab es in 890 Fällen (27 Prozent) und für körperliche Misshandlungen in 552 Fällen (16 Prozent). Eine Gefährdung aufgrund sexueller Gewalt lag in 142 Fällen (4 Prozent) vor.

Während in Berlin fast jede zweite Einschätzung eine akute oder latente Gefährdung ergab, führte im Land Brandenburg jede dritte Gefährdungseinschätzung zu einem dieser Ergebnisse.

Mehrheit der Betroffenen jünger als 14 Jahre

75 Prozent der betroffenen Kinder in Berlin und 82 Prozent der Kinder in Brandenburg waren jünger als 14 Jahre, rund jedes sechste Kind jünger als 3 Jahre. Jungen waren insgesamt häufiger betroffen (Berlin: 55 Prozent, Brandenburg: 52 Prozent). Lediglich in der Altersgruppe von 14 bis 18 Jahren war das Geschlechterverhältnis umgekehrt. Hier lag der Anteil der Mädchen in Berlin bei 50 Prozent und in Brandenburg bei 52 Prozent.

Hinweise von Justiz und Polizei

Häufig informierten Polizei oder Justizbehörden das Jugendamt (Berlin: 33 Prozent, Brandenburg: 19 Prozent). In 21 Prozent der Berliner und in 15 Prozent der Brandenburger Fälle waren die Kita bzw. Tagespflegeperson oder die Schule die Auslöser. Auch anonyme Anzeigen gingen ein (Berlin: 6 Prozent, Brandenburg: 16 Prozent). Durch Verwandte, Bekannte und Nachbarn wurden in Berlin 6 Prozent und in Brandenburg 10 Prozent der Verfahren initiiert. Rund 11 Prozent der Fälle wurden durch die Minderjährigen bzw. Eltern oder Erziehungsberechtigten selbst angestoßen.

Datenangebot

Weitere Daten zu den Gefährdungseinschätzungen nach § 8a SGB VIII finden Sie unter www.statistik-berlin-brandenburg.de/kinder-und-jugendhilfe, im Detail in den statistischen Berichten mit der Kennziffer K V 10.

Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg vom 20.07.2023