Die Rahmenbedingungen für Pflegeeltern sind in Deutschland Sache der Kommunen und daher bekanntermaßen sehr unterschiedlich. Um eine gewisse Einheitlichkeit bemüht, veröffentlicht der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. jährliche Empfehlungen zur Fortschreibung der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege. Dabei sollen eventuelle Steigerungen der Lebenshaltungskosten der privaten Haushalte berücksichtigt werden.

PFAD hat die Entwicklung der Empfehlungen für die Höhe des Pflegegeldes sowie den Erziehungsbeitrag seit 2008 ausgewertet:

Unterhalt für Pflegekinder hinkt hinterher

Die Graphik zeigt, dass die finanziellen Leistungen über die letzten 15 Jahre wenig gestiegen sind. Beim Sachaufwand – dem Unterhalt für das Pflegekind, der nach drei Altersstufen gestaffelt ist – fällt ein erster Sprung erst von 2021 auf 2022 ins Auge. Doch gemessen am Anstieg der Konsumausgaben in diesem Zeitraum entschied der Deutsche Verein im Herbst 2021, dass den Kommunen eine adäquate Pflegegelderhöhung nicht zumutbar sei. Er schlug deshalb vor, die erforderliche Erhöhung auf drei Jahre zu verteilen: die Hälfte in 2022 und in den beiden folgenden Jahren je ein Viertel. Den Pflegefamilien meint man die Mehrbelastungen jedoch zumuten zu können. Doch die aktuellen Entwicklungen machen es notwendig, die stark gestiegenen finanziellen Belastungen der Pflegeeltern auszugleichen.

Empfehlungen für 2023 enthalten deutliche Erhöhungen

Die am 20.09.2022 vom Deutschen Verein veröffentlichten Empfehlungen für das Jahr 2023 zeigen, dass diese damals schon notwendige, aber bewusst verzögerte Erhöhung nicht angemessen war. Mit einem weiteren deutlichen Anstieg der Pauschalbeträge will man nun der erheblich gestiegenen Inflation und den drastisch höheren Energiekosten Rechnung tragen.
Für die Erhöhung der Kosten für die Pflege und Erziehung wurde die Steigerungsrate der Verbraucherpreise von Mai 2021 – Mai 2022 von 7,9 % zugrunde gelegt. Für die Ermittlung der Kosten für den Sachaufwand dagegen wurde eine Erhöhung der Verbraucherpreise gegenüber 2018 um 12,9 % herangezogen.

Doch reicht das aus? Wir finden nicht!

Denn der in den materiellen Aufwendungen enthaltene Anteil für Miete und Heizung (Bruttowarmmiete) wurde nur von 132,49 EURO in 2022 auf 142,94 EURO für 2023 erhöht. Das entspricht einem Zuwachs von lediglich 7,89 %. Obwohl vor allem bei Erdgas und Heizöl jetzt schon sehr viel höhere Preissteigerungen gelten und die Prognosen weiter steil nach oben zeigen.
In unserer Stellungnahme „PFAD: Heizkostenzuschuss muss bei den jungen Menschen ankommen!“ vom 12.09.20222 weisen wir darauf hin, dass das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) davon ausgeht, dass der für die jungen Menschen vom Jugendamt gewährte Unterhalt „auch die Heizkosten unter Berücksichtigung aktueller Marktpreise umfasst“. Dies bestreiten wir auch nach dieser Erhöhung um lediglich 10,45 EURO monatlich für die Bruttowarmmiete.

Aufwandsentschädigung für Pflegeeltern wird real immer weniger

Der Pauschalbetrag für die Pflege und Erziehung, der den Pflegeeltern für ihr Engagement zugesprochen wird, scheint auf der obigen Graphik zu stagnieren. Bringt man ihn jedoch mit der Entwicklung der Kaufkraft im selben Zeitraum in Verbindung, zeigt sich, dass er real sogar sinkt. Für 2023 wurden nun 275 EURO vorgeschlagen. Pflegeelternschaft ist nach wie vor ein Ehrenamt, sollte aber über die Jahre nicht weniger finanzielle Anerkennung erfahren.

Unsere Forderungen:

  • Aufgrund der schwer zu prognostizierenden weiteren Preisentwicklung fordern wir den Deutschen Verein auf, mit neu angepassten Empfehlungen diesmal kein volles Jahr zu warten.
  • Wir bestehen darauf, dass alle deutschen Kommunen die Empfehlungen des Deutschen Vereins als Mindestbeträge übernehmen.
  • Manche Bundesländer erkennen die Empfehlung zwar an, haben aber Wege gefunden, die Umsetzung immer wieder hinauszuschieben. Diese Trickserei muss aufhören.
  • Besonders das Niveau der Pauschalen in Berlin, die seit 2012 nicht mehr erhöht wurden und 2022 bereits rund 30 % unter den Empfehlungen liegen, ist unakzeptabel und muss dringend angehoben werden.
  • Wir regen die Kommunen an, ihre Pflegefamilien durch zusätzliche einmalige Sonderzahlungen zu unterstützen. Mit gutem Beispiel geht der Landkreis Friesland voran. Der dortige Jugendhilfeausschuss stimmte am 28.09. einem Antrag auf Anregung des Vereins der Adoptiv- und Pflegeeltern Friesland e.V. zu, durch eine einmalige Zahlung von 300 EURO pro Pflegekind die massiv gestiegenen Kosten – insbesondere Energiekosten – für Pflegeeltern abzufedern.

Pflegefamilien sind eine wichtige Säule der Hilfen zur Erziehung. Ihr Engagement für familienbedürftige Kinder ist unbezahlbar. Es benötigt jedoch auch eine angemessene finanzielle Wertschätzung. Schließlich trägt die öffentliche Jugendhilfe die Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen, die sie in diesen privaten Familien unterbringt.

PFAD Pressemitteilung vom 04.10.2022 (pdf)