Im Jahr 2020 führten die Jugendämter in Berlin und Brandenburg 26 546 Verfahren zur Einschätzung der Gefährdung des Kindeswohls durch. Davon waren 18 471 Berliner und 8 075 Brandenburger Kinder und Jugendliche betroffen, teilt das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg mit.

In Berlin stieg die Anzahl der Verfahren gegenüber 2019 um 8 Prozent und in Brandenburg um 18 Prozent.

Ergebnis der Gefährdungseinschätzung in Berlin

Akut gefährdet waren in Berlin 19 Prozent der betroffenen Kinder und Jugendlichen. In diesen Fällen war eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes oder Jugendlichen bereits eingetreten oder mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten. In 26 Prozent der Fälle lag eine latente Kindeswohlgefährdung vor. Dabei konnte die Frage nach der gegenwärtig tatsächlich bestehenden Gefahr nicht eindeutig beantwortet werden, aber es bestand weiterhin der Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung bzw. eine solche konnte nicht ausgeschlossen werden. In 56 Prozent der Fälle wurde keine Gefährdung ermittelt, bei der Hälfte dieser Fälle bestand jedoch Unterstützungsbedarf.

53 Prozent der akuten bzw. latenten Kindeswohlgefährdungen in Berlin betrafen Vernachlässigung, 17 Prozent körperliche und 27 Prozent psychische Misshandlungen. In 3 Prozent der Fälle mussten Verfahren wegen sexueller Gewalt eingeleitet werden. Je Fall sind mehrere Arten der Gefährdung möglich.

Ergebnis der Gefährdungseinschätzung in Brandenburg

Während in Berlin fast jede zweite Einschätzung eine akute oder latente Gefährdung ergab, führte im Land Brandenburg jede dritte Gefährdungseinschätzung zu einem dieser Ergebnisse.

Bei je 19 Prozent der betroffenen Brandenburger Kinder und Jugendlichen lag eine akute bzw. eine latente Gefährdung vor und in je 31 Prozent der Fälle wurde zwar keine Gefährdung ermittelt, aber es bestand Hilfebedarf bzw. es wurden weder Kindeswohlgefährdung noch Hilfebedarf festgestellt.

In weit über der Hälfte (2 143) der Brandenburger Fälle mit akuter oder latenter Kindeswohlgefährdung wurden die Kinder und Jugendlichen vernachlässigt. Anzeichen für körperliche und psychische Misshandlungen wurden in 595 (15 Prozent) bzw. 1 027 (26 Prozent) Fällen angegeben und eine Einschätzung, dass eine Gefährdung aufgrund sexueller Gewalt vorlag, betraf 161 Fälle (4 Prozent).

Alter der Kinder und Jugendlichen

80 Prozent der betroffenen Kinder in Berlin und 85 Prozent der Kinder in Brandenburg waren jünger als 14 Jahre. Rund jedes fünfte Kind sogar jünger als 3 Jahre. Dabei waren Jungen etwas häufiger betroffen (Berlin: 55 Prozent, Brandenburg: 52 Prozent), lediglich in der Altersgruppe von 14 bis 18 Jahren war das Geschlechterverhältnis umgekehrt.

Inanspruchnahme von Leistungen

Als Folge der Gefährdungseinschätzung wurden in Berlin für jedes achte und in Brandenburg für jedes fünfte Kind ambulante oder teilstationäre Hilfen zur Erziehung neu eingeleitet bzw. geplant. Unterstützung nach §§ 16–18 SGB VIII wurde für 1 543 Fälle in Berlin und 648 Fälle in Brandenburg gewährt. Hierbei handelt es sich um Leistungen zur allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie und Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung oder Scheidung sowie die Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechts.
686 Berliner und 350 Brandenburger Kinder oder Jugendliche wurden im Rahmen der vorläufigen Schutzmaßnahmen in Obhut genommen. In 1 254 Fällen in Berlin und 487 Fällen in Brandenburg musste das Familiengericht angerufen werden.

Quelle: Pressemitteilung des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg vom 20.07.2021