Mit dem KJSG wurde mit dem § 45a der Versuch unternommen, zu bestimmen was eine Einrichtung ist. Dieser Einrichtungsbegriff greift nicht nur für die Hilfen zur Erziehung, sondern bezieht sich auf alle Angebote der Jugendhilfe.

Welche Auswirkungen kann dies für die Erziehungsstellen nach § 34 SGB VIII bedeuten?
Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass familienähnliche Betreuungsformen (bei denen die Zuordnung bestimmter Kinder und Jugendlicher zu bestimmten, dort tätigen Personen gegeben ist) keine Einrichtungen sind. Damit wären alle Erziehungsstellen nach § 34 keine Einrichtung mehr, sondern Pflegefamilien (§ 33 SGB VIII). Diese vereinfachte Unterscheidung wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens stark kritisiert, sodass in § 45 a die Ausnahmen benannt sind, wann familiale Erziehung doch unter den Einrichtungsbegriff fällt und damit die Zuordnung zu § 34 bleibt. Die Kriterien sind:

  • Fachlich und organisatorisch eingebunden in eine erlaubnispflichtige Einrichtung
  • Sonderregelungen nach Landesrecht

Wann ist nun eine Erziehungsstelle nach § 34 SGB VIII eingebunden in eine erlaubnispflichtige Einrichtung? Dafür nennt der Gesetzgeber mehrerer Merkmale, die vom Träger vorgegeben werden und für die Erziehungsstelle (sozialpädagogische Lebensgemeinschaft, Profifamilie, …) gelten:

  • Konzept
  • Fachliche Steuerung der Hilfen
  • Qualitätssicherung
  • Auswahl, Weiterbildung, Überwachung des Personals und Außenvertretung

Schaut man sich diese Merkmale an, kann man feststellen, dass für familiale Erziehungsarrangements, die über einen Arbeitsvertrag an ihren Träger gebunden sind, alle diese Merkmale zutreffen. Erziehungsstellen, sozialpädagogische Lebensgemeinschaften, Profifamilie oder wie sie sonst noch heißen, die über ein sozialversicherungspflichtiges Angestelltenverhältnis an ihren Träger gebunden sind, sollten somit auch weiterhin Einrichtungen sein und Hilfe zur Erziehung nach § 34 SGB VIII leisten.

Problematischer ist das bei Honorarverträgen. Honorare bekommt man für selbstständige Tätigkeiten. Inwieweit für diese (Schein-)Selbständigkeiten die Merkmale aus dem Einrichtungsbegriff Anwendung finden können, ist fraglich. Für selbständige Tätigkeiten gibt es eigentlich kein Weisungsrecht. Wie soll der Träger seine Verantwortung für Konzept, fachliche Steuerung, Qualitätssicherung oder Überwachung des Personals sicherstellen?

Für all die unklaren Konstellationen gibt der Gesetzgeber in Satz 4 des neuen § 45a den Ländern die Möglichkeit, landestypische Regelungen zu erlassen, die familialen Erziehungssettings weiterhin als Einrichtung bestimmen. Das können die Formen sein, die über Honorarverträge arbeiten, aber auch die vielen Kleinstheime, die aus dem Einrichtungsbegriff rausfallen.

it dem KJSG sollten die an Träger angebundenen Erziehungsstellen, die oft nach sehr hohen fachlich Standards betreut werden, erhalten und gestärkt werden. Gleichzeitig sollte über den Einrichtungsbegriff die Möglichkeit gegeben werden, Kleinstheime in ihrer Darstellung als Träger zu hinterfragen und dem kommunalen öffentlichen Träger der Jugendhilfe stärker die Verantwortung für den Kinderschutz zu übertragen.

Diese ambivalente Anforderung an den Gesetzgeber spiegelt sich in den Formulierungen wider. Es wird also vor Ort an manchen Stellen auf die Aushandlungspraxis ankommen, ob 34-er Erziehungsstellen Einrichtungen bleiben. Für die öffentliche Jugendhilfe sind Erziehungsstellen oftmals viel kostenintensiver und mit einer besseren Lobby versehen, als Pflegefamilien. Die öffentliche Jugendhilfe braucht auch diese Angebote, und es wäre schade, wenn gut begleitete Erziehungshilfen verschwinden.

PFAD Fachinfo vom 05.07.2021