Stellungnahme des PFAD Bundesverbandes zum Entwurf eines Gesetzes zur Ausgestaltung der Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeinklusionsgesetz – IKJHG)
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat am 16.09.2024 einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Ausgestaltung der Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeinklusionsgesetz – IKJHG) vorgelegt.
Der PFAD Bundesverband begrüßt die im Entwurf vorgesehene Gesamtzuständigkeit der öffentlichen Jugendhilfe ab 2028 für die Leistungen der Eingliederungshilfe an alle jungen Menschen mit (drohenden) Behinderungen.
Im Folgenden nimmt der PFAD Bundesverband zu einzelnen Positionen Stellung.
Leistungsanspruch
Wir begrüßen, dass in Nr. 8 – § 27 Absatz 1 n.F. jungen Menschen das Recht auf Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gewährt wird. Unverständlich hingegen ist im Absatz 2 die Beschränkung des Rechts auf Hilfen zur Erziehung auf Jugendliche und auf Leistungen außerhalb des Elternhauses. Vor allem aus der Pflegekinderhilfe wissen wir, dass auch schon Kinder mit einer herausfordernden Lebensgeschichte nicht selten zusätzlich eine ambulante Hilfe benötigen.
Im Absatz 5 steht, dass „Einrichtungen, Dienste und Personen die Hilfe und Leistungen erbringen sollen, die geeignet sind, sowohl den erzieherischen Bedarf zu decken als auch die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen“. Wir halten an dieser Stelle eine kleine Änderung für notwendig: „sollen bevorzugt Einrichtungen, Dienste und Personen die Hilfe und Leistungen erbringen, die geeignet sind, sowohl den erzieherischen Bedarf zu decken als auch die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen“. Denn bei einer zu starken Fokussierung auf die Koppelung beider Leistungsbereiche besteht die Gefahr, dass Pflegekinder (oder auch Kinder in Einrichtungen) keine Kontinuität erfahren, weil zusätzliche Leistungen der Eingliederungshilfe notwendig werden.
Gemeinsame Vorschriften (§§ 36-40)
Die Stärkung der Rechte junger Menschen im Rahmen der Hilfe- und Leistungsplanung begrüßen wir ausdrücklich. Wir finden es gut, dass auch im § 36 Absatz 3 n.F. das Recht des Leistungsberechtigten auf Hinzuziehung einer Person seines Vertrauens ermöglicht wird. Damit knüpft der § 36 Absatz 3 n.F. an den § 10a Absatz 1 an.
Auch den § 36a Absatz 2 Satz 2 finden wir sehr wichtig. Bisher fehlte in der Hilfeplanung die Festlegung eines maximalen Abstandes der Hilfeüberprüfung und Fortschreibung, was vor allem in der Pflegekinderhilfe gelegentlich zu noch größeren Abständen geführt hat. Ebenfalls findet die Festlegung, dass der Hilfeplan dem Leistungsberechtigten zur Verfügung gestellt wird, unsere Zustimmung. Offen bleibt, warum der Leistungserbringer nicht auch Anspruch auf den Hilfe- und Leistungsplan haben soll. Speziell in der Pflegekinderhilfe wirken die Pflegeeltern als Leistungserbringer. Sie haben auch ein Recht auf den Hilfe- und Leistungsplan.
Positiv hervorzuheben ist, dass im § 36 b Absatz 1 sowohl der Leistungsberechtigte wie auch die an der Leistungsaufstellung Beteiligten dem öffentlichen Träger vorschlagen können, eine Leistungsplankonferenz durchzuführen. Kritisch sehen wir hingegen Satz 3, der dem öffentlichen Träger die Möglichkeit gibt, die Leistungsplanung ohne dialogisches Verfahren durchzuführen.
Was bei den §§ 36 bis 36c der Leistungsplanung auffällt, ist die Reduzierung auf Kinder, Jugendliche und Personensorgeberechtigte. Mit der Formulierung „junge Menschen“ (statt Kinder und Jugendliche) und Personensorgeberechtigte wären auch junge Volljährige erfasst.
Nur im § 36d wird von jungen Menschen gesprochen. Rechtlich sehr unbestimmt bleibt der Übergang in die Eingliederungshilfe im Kontext zu jungen Volljährigen. Weder im Paragraphen zum Zuständigkeitsübergang noch im § 41 wird deutlich, dass auch junge Volljährige mit Ansprüchen auf Eingliederungshilfe auch Anspruch auf Hilfen für junge Volljährige haben. Damit kann die gegenwärtige Praxis (außer bei Ansprüchen auf § 35a SGB VIII a.F.) leider fortgesetzt werden, die jungen Volljährigen einen Anspruch auf Hilfen analog zu § 41 SGB VIII a.F. verweigert.
Hilfen für junge Volljährige
Die §§ 41 und 41a sind bis auf redaktionelle Änderungen gleichgeblieben. Zwischen Absatz 2 und Absatz 3 sollte noch ein Satz eingefügt werden, der klarstellt, dass auch junge Volljährige, die Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe haben, Hilfen für junge Volljährige erhalten können. In der aktuellen Fassung von § 36d und den §§ 41 und 41a wird das nicht deutlich.
Kontinuitätssicherung bei Vormundschaft (§ 87c Absatz 3)
Gut finden wir, dass bei einem Lebensortwechsel des jungen Menschen das bisherige Jugendamt als Vormund nicht mehr verpflichtet ist, die Vormundschaft abzugeben. Insbesondere befürworten wir das Vorhaben, einzelfallbezogen vorher zu prüfen, ob der Wechsel in der Vormundschaft dem Wohl des Kindes dient, wobei insbesondere der Wille des Kindes oder Jugendlichen berücksichtigt werden muss.
Kostenheranziehung
Der PFAD Bundesverband begrüßt ausdrücklich die im Referentenentwurf vorgesehene kostenfreie Stellung ambulanter Leistungen, unabhängig ob Teilhabeleistungen oder Hilfen zur Erziehung.
Vorstand PFAD Bundesverband, 30.09.2024